Merkurtransit 2016
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Der Merkurtransit am 09.05.2016

Merkurtransit am 09.05.2016

Der Merkurtransit 2016 dürfte noch vor dem des Jahres 2003 der am meisten und besten beobachtete der Geschichte gewesen sein. Dazu trug sicherlich bei, dass er sowohl in Europa als auch in Nordamerika sichtbar war. Amateurastronomen bereiteten sich sorgfältig auf das Ereignis vor. In Mitteleuropa wurden mindestens 160 öffentliche Beobachtungen angeboten und die Zahl der Livestreams dürfte ebenfalls dreistellig gewesen sein. Die Presse berichtete zumindest im deutschsprachigen Raum intensiv und auch in den Social Media war der Merkurdurchgang ein Thema. Die unten widergegebenen frei verfügbaren und sehr anschaulichen Grafiken fanden weite Verbreitung. Dies alles kontrastierte mit einem zunächst sehr verhaltenen öffentlichen Interesse, welches, anders als bei den Venustransits der Jahre 2004 und 2012, eigentlich erst am Tag des Ereignisses stark anstieg. Dies könnte durchaus an der erwähnten Medienberichterstattung liegen. Letztere war mit wenigen Ausnahmen nicht nur sehr seriös und recht ausführlich, sondern wies auch richtigerweise darauf hin, dass es sich bei einem Merkurtransit um ein eher unspektakuläres Himmelsereignis handelt.

Sichtbarkeit des Merkurtransits 2016 in Mitteleuropa
Sichtbarkeit des Merkurtransits 2016 in Mitteleuropa. Links (westlich der blauen Linie) konnte der Transit im gesamten Verlauf beobachtet werden. Rechts (östlich) der Linie ging die Sonne unter, bevor der Transit beendet war.
Zeitlicher Ablauf (MESZ) des Merkurtransits am 09.05.2016
Zeitlicher Ablauf (MESZ) des Merkurtransits am 09.05.2016. Quelle: VdS
Infografik zum Merkurtransit 2016
Infografik zum Merkurtransit 2016 von Stefan Gotthold.
Weg des Merkur über die Sonne am 09.05.2016
Weg des Merkur über die Sonne am 09.05.2016. Quelle: Fred Espenak, www.eclipsewise.com

Der Merkurdurchgang am 09.05.2016 begann in Mitteleuropa um die Mittagszeit (13:12 MESZ) und endete erst kurz vor Sonnenuntergang (20:42 MESZ). Das Wetter über Mitteleuropa präsentierte sich in diesem Zeitraum zweigeteilt. Während es östlich einer Linie München - Elbmündung fast durchweg allenfalls vereinzelt hohe Bewölkung gab, zogen von Südwesten her im Laufe des Nachmittags immer mehr Wolken herein. Dennoch waren abgesehen von Teilen der Schweiz fast überall zumindest zeitweise Blicke auf die Sonne möglich. Somit dürfte fast jeder Mitteleuropäer die Chance gehabt haben, etwas vom Merkurtransit zu sehen.

Bewölkung über Mitteleuropa am 09.05.2016 um 13:00 MESZ
Bewölkung über Mitteleuropa am 09.05.2016 um 17:00 MESZ
Bewölkung über Mitteleuropa am 09.05.2016 um 21:00 MESZ
Bewölkung über Mitteleuropa am 09.05.2016 um 13:00, 17:00 und 21:00 Uhr MESZ. Quelle: WetterOnline

Da das Wetter fast überall zumindest zeitweilig Blicke auf die Sonne zuließ kamen sowohl Amateurastronomen als auch diejenigen, welche in teils erstaunlich hoher Zahl an den öffentlichen Beobachtungen teilnahmen, auf ihre Kosten. Dass man dabei auch mit der Polizei Bekanntschaft machen konnte, belegt ein Bericht von Radio 8. Viele Laien waren überrascht, wie klein Merkur im Vergleich zur Sonne erschien. Amateurastronomen, welche den Transit mit H-Alpha-Teleskopen beobachteten, sichteten das Merkurscheibchen bereits vor dem 1. Kontakt. Dies lag zum einen daran, dass in diesem Frequenzbereich die Chromosphäre der Sonne sichtbar ist, wodurch die Sonne geringfügig größer erscheint als im Weißlicht. Zum anderen stand Merkur vor dem 1. Kontakt vor einer Protuberanz, was ihn sogar noch vor Erreichen der Chromosphäre sichtbar werden ließ.
Erneut bestätigte sich, dass Merkur selbst mit sehr bescheidenen optischen Mitteln auf der Sonnenscheibe sichtbar ist, aber nicht mit bloßem Auge. Offenbar reicht eine 3fache Vergrößerung bereits aus (Friedhelm Dorst, mdl. Mitteilung). Auch Superzoom-Kameras (die es beim Merkurtransit 2003 noch gar nicht gegeben hatte) ab gut 400m Brennweite erwiesen sich erwartungsgemäß als geeignet. Bereits im Vorfeld hatte der Astronomie-Journalist Daniel Fischer sehr engagiert auf solche Beobachtungsmöglichkeiten mit einfachen Mittel hingewiesen. Nach dem Transit fasste er seine neu hinzu gewonnenen Erkenntnisse noch einmal in übersichtlicher Form zusammen.
Während sich die allermeisten mit der Beobachtung des Merkurdurchgangs im Weiß- oder im H-Alpha-Licht begnügten, reichte dies einigen sehr ambitionierten Amateuren nicht aus. Sie reisten gezielt an Orte, an denen während des Merkurtransits die ISS über die Sonne zog und zudem die Chance bestand, dass sie auch Merkur traf. Einen solch perfekten Simultantransit sah dann aber niemand, doch die Fotos und Videos, welche ISS und Merkur gleichzeitig vor der Sonne zeigen, sind gleichwohl sehr eindrucksvoll. Wer hingegen im Hinblick auf bessere Klimastatistiken in die Ferne schweifte, machte die Erfahrung, dass selbst in der Atacama und auf Teneriffa perfekte Wetterbedingungen keineswegs garantiert sind.
Getoppt wurden - wie auch nicht anders zu erwarten - alle Amateurbilder von professionellen Aufnahmen der Großsternwarten und Sonnenbeobachtungs-Satelliten (Big Bear Observatory, SDO). Da das Satelliten-Material frei verwendet werden kann, wurde es von zahlreichen Kanälen auf Youtube in unterschiedlicher Länge und Zusammenstellung verwendet, wo es teils sehr hohe Zuschauerzahlen erzielte.

Von wissenschaftlicher Seite wurden Untersuchungen vorgenommen, welche bereits bei den letzten Merkurtransits (seit 1993) durchgeführt worden waren:
- Untersuchung der Exosphäre des Merkur als Fallbeispiel für Exoplaneten (AIP, Williams College)
- Messung des Rückgangs der solaren Strahlung während des Transits als Fallbeispiel für Exoplaneten (Williams College)
- Exakte Bestimmung des Sonnendurchmessers, da immer noch nicht ganz geklärt ist, ob dieser geringfügig variiert. (Sigismondi)
- Kalibrierung von erd- und weltraumgestützten Teleskopen (AIP, XRT)

An der Schnittstelle von Wissenschaft und Lehre wurden erneut mehrere Outreach-Projekte initiiert, bei denen es um die Bestimmung der Sonnenparallaxe an Hand von Amateurbeobachtungen ging (Astronomical League, Astronomers Without Borders, Udo Backhaus, ESA, ESA Cesar). Udo Backhaus führte nach dem Merkurtransit 2003 sowie den Venustransits 2004 und 2012 bereits das 4. Parallaxen-Projekt durch.
Ein privates Projekt von Bernd Gährken hatte die Parallaxen-Bestimmung mit Hilfe der Sonnengaranulation zum Ziel - und war von Erfolg gekrönt.


Transit of Mercury 2016 with NASA SDO

Links und Literatur

Merkurtransit.de: Linksammlungen zum Transit 2016

Merkurtransit.de: Beobachtungs- und Erlebnisbericht aus Bonn

Beobachtungshinweise von John E. Westfall (pdf, 510 kb)

Stefan Gotthold: Infografik zum Merkurtransit am 9. Mai 2016

Vereinigung der Sternfreunde: Merkurtransit am 9. Mai 2016 - Merkur vor der Sonne

Daniel Fischer: Merkurtransit mit Minimal-Technik - So geht’s!

Daniel Fischer: Was ich beim Merkurdurchgang 2006 gelernt habe

Big Bear Observatory: The New Solar Telescope (NST) of NJIT-Center for Solar-Terrestrial Research’s (NJIT-CSTR) Big Bear Solar Observatory (BBSO) has captured the highest-ever spatial resolution images of Mercury crossing the Su

Bernd Gährken: Merkurtransit 9.5.2016 - Parallaxenmessung mit Hilfe der Sonnengranulation

SpaceWeatherLive: Transit of Mercury 2016 with NASA SDO

AIP: Merkur vor der Sonne - Transit am 9. Mai 2016

Outreach-Projekt der Astronomers without Border

Outreach-Projekt von Prof. Dr. Udo Backhaus


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